"Frühlings Erwachen" - Frank Wedekind

Ich sollte für die Schule eine Rezension zu "Frühlings Erwachen" von Frank Wedekind schreiben - und hab mich entschlossen, diese hier mit euch zu teilen. 

In der Schule waren meine Klassenkameraden eher geschockt von der Ausführlichkeit. ;D

Was sagt ihr dazu? 


Handlung

Wedekinds „Frühlings Erwachen“ spielt zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs. Die „Kindertragödie“ handelt von jugendlichen Selbstfindungsversuchen, die durch fehlgeschlagene Erziehungsansätze unterdrückt werden. Am Beispiel der Hauptfiguren Wendla, Melchior und Moritz taucht der Leser, bzw. Zuschauer des Stücks, ein in eine Welt, in der Bürger sich nicht so verhalten können, wie sie eigentlich sind, um von der Gesellschaft nicht ausgestoßen zu werden. 


Rezension

Im Wesentlichen übt Wedekind Kritik mit seinem Werk. 

Einerseits kritisiert er verschiedene Erziehungsansätze, die zu seiner Zeit üblich waren und - dies geht aus „Frühlings Erwachen“ deutlich hervor - nicht funktionierten. Beispielsweise wird im Stück der Umgang Erwachsener mit sexueller Aufklärung ihrer Jugendlichen angeprangert. Jeder der Hauptfiguren ist bis zu einem gewissen Punkt unaufgeklärt und muss sich damit durchs Leben manövrieren - beim Großteil der Jugendlichen funktioniert dies nicht. Es ist schockierend, von diesen unwissenden Vierzehn- bis Fünfzehnjährigen zu lesen und insbesondere die Auswirkungen mangelnder Aufklärung, die im Werk das schlimmste Ende nehmen, zu verfolgen. 

Kritik übt Wedekind nicht nur durch Schock. Im Gegenteil - gerade die Szene zwischen den Lehrern im Konferenzzimmer, bietet eine gewisse Portion Witz. Einziges Problem: Wedekind hat die Lehrer derart übertrieben gezeichnet, dass sie sich auch verklausuliert ausdrücken. Allen voran Direktor Sonnenstichs Monolog versiegt für den Leser schließlich schnell im Desinteresse. Folgen kann man Schachtelsätzen, wie: „an seine durch seine Heranbildung zum gebildeten gebildeten Existenzbedingungen zu fesseln“ (S.54) (und der Satz ist hier noch nicht vorbei), nämlich leider nicht. Andererseits erweckt natürlich gerade diese Nutzung der Sprache dieselben Gefühle der Genervt- und Verwirrtheit im Leser, wie auch im damaligen Schüler. Dadurch wächst ein besseres Verständnis für die Gefühlswelt der Schüler im Leser. 

Doch auch das Schulsystem erschüttert. Vertreter der Leittragenden unter der Schule ist Moritz Stiefel, der unter großer Schulangst leidet. Das Thema Schulangst ist auch heute noch aktuell. Dennoch hat sich in der Unterrichtsweise und der Definition von Schule einiges grundlegend geändert. Wir sind nicht mehr bei der folgenden Auffassung: „Wir gehen in die Schule, damit man uns examinieren kann! […] Damit wir durchfallen.“ (S.11) Das schafft auch Dankbarkeit für unser heutiges Schulsystem. 

Man möge an dieser Stelle nun infrage stellen, ob zur Kaiserzeit wirklich jeder Jugendliche unter unterschiedlich gearteten Komplexen litt und ob Erziehung immer fehlschlug. Pauschal wird man das wohl kaum über jeden einzelnen Fall behaupten können. Dies stört allerdings kaum, da die Kritik dadurch vermehrt in den Vordergrund gestellt wird und gezeigt wird, was sich ändern muss. Es geht in dem Werk ja nicht darum, die Erziehung zu loben. Fraglich ist aber, ob eine Vergewaltigung und Gruppenonanieren wirklich ihren Platz in einer „Kindertragödie“ hat. Man könnte regelrecht meinen, Wedekind wollte auf Biegen und Brechen jeden möglichen Tabubruch begehen, der ihm in den Sinn kam. Im Anbetracht dieser Szenen tritt leider die Kritik an der Schule oder an mangelnder Aufklärung als solche, in den Hintergrund. Zumindest eine der Onanierszenen hätte Wedekind auch kürzen können. 


Das Fazit

Insgesamt erweckt „Frühlings Erwachen“ im Leser ein besseres Verständnis für die Geschicke der Kaiserzeit und hat selbst zu unserer heutigen Realität noch Anknüpfungspunkte. Dennoch hat sich in über 100 Jahren einiges verändert, weshalb das Stück sich nicht mehr der größten Aktualität erfreut. Das Stück wurde nämlich bemüht abstoßend und schockierend geschrieben, weshalb es sich insbesondere nach heutigem Verständnis surreal anhört. 


Meinung dazu, dass "Frühlings Erwachen" Teil des Lektüreplans ist

Letztlich möchte ich noch Kritik daran üben, dass die gesellschaftlichen Zustände sich seit der Kaiserzeit doch grundlegend gewandelt haben. Auch wenn die Lektüre uns zu einem besseren Verständnis dieser Zeit verhilft, muss doch anerkannt werden: Für den Schüler von heute entspricht Wedekinds „Frühlings Erwachen“ nicht mehr unserer Lebensrealität. Ein Stück, welches unter anderem dafür plädiert, dass Schulstoff die Lebensrealität von Schülern widerspiegeln sollte, hätte den Einsatz in unserem Lehrplan wohl eher abgelehnt. 


Müsst ihr euch auch mit Wedekind rumquälen, oder bleibt dieser euch erspart? Seid ihr vielleicht sogar auch gerade in der Schulschließungs-Abiturvorbereitungs-Phase und brütet über Wedekind?

Schreibt's gerne in die Kommentare. :)

 

Bleibt gesund,

Eure Sophia

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